Vorstösse der Mitte zur Aufhebung der Wohnsitzpflicht für Gemeindemandate, zu Gemeindefusionen und zu Cybersecurity prägten die Debatte der Landratssitzung vom Donnerstag.
Wohnsitzpflicht im Gemeindegesetz bleibt bestehen
Wer in einer Gemeinde ein Mandat übernehmen will, sei es als Gemeinderat, Gemeindepräsident oder in einer Fachbehörde, muss derzeit zwingend auch in dieser Gemeinde wohnen. Mit Blick auf die Personalknappheit in kleineren Gemeinden hinterfragt Mitte-Präsident Silvio Fareri diese Praxis. «Ich sehe den Vorstoss als Chance, der Personalknappheit in den Gemeinden zu begegnen», begründete er seinen Vorstoss. Die Debatte im Landrat zeigt aber bald, dass die Skepsis gross ist. Es wurde befürchtet, dass nun «kreuz und quer durch den Kanton kandidiert» werde, «Ämtlischacherei» wurde befürchtet und einen fehlenden Bezug zur Gemeinde. Vergeblich wies Fareri darauf hin, dass die Bevölkerung mit der Wahl das letzte Wort habe und dass jemand lange in einer Gemeinde gewohnt habe und nun aus verschiedenen Gründen in der Nachbargemeinde wohne.
Auch Regierungsrat Anton Lauber, erinnerte daran, dass wir in den Gemeinden derzeit keinen Idealzustand hätten. «Wenn ich als Regierungsrat amte und hoheitlich Leute in einen Gemeinderat delegieren muss, dann mach ich das nicht gern. Es ist augenfällig, dass Handlungsbedarf besteht.» Dass ein Fremder gewählt würde, erwarte er nicht und für Fachbehörden könnte man eher Personal finden. Im Landrat aber überwog die Skepsis und der Vorstoss wurde auch als Postulat mit 20 zu 58 Stimmen nicht überwiesen.
Unterstützung für fusionswillige Gemeinden
Das Postulat von Dario Rigo zur Unterstützung fusionswilliger Gemeinden gab im Vorfeld der Sitzung viel zu reden. Die gescheiterte Fusion von Arisdorf und Hersberg im vergangenen November hallte immer noch nach. Damit ist die Fusion von Biel und Benken vor 50 Jahren immer noch die letzte erfolgreiche Gemeindefusion im Baselbiet. Mögliche Antworten darauf, wie der Kanton Gemeindefusionen fördern könnte, gab die Regierung in der Interpellationsantwort von Linard Candreia (SP). Während es bei der Interpellation noch eine kurze Diskussion gab, war dem Landrat klar, dass bei Gemeindefusionen Handlungsbedarf besteht. Diskussionslos überwies der Landrat das Postulat stillschweigend an die Regierung. Diese kann das Thema «Gemeindefusionen» nach dem 2017 gescheiterten Gemeinderegionengesetz wieder aufgreifen.
Schutz der digitalen Persönlichkeit und Stärkung der Cybersecurity
Mitte-Landrat Hannes Hänggi wollte neben der körperlichen und psychischen Unversehrtheit der Menschen auch die digitale Unversehrtheit in die Kantonsverfassung aufnehmen. «Die digitale Unversehrtheit ist gleich wie die körperliche und psychische Unversehrtheit ein grundlegendes Persönlichkeitsrecht; sie umfasst sowohl die Privatsphäre als auch die digitale Identität», sagte er. Verletzungen der digitalen Unversehrtheit können direkte negative Auswirkungen auf den Körper und Geist haben – Stichworte Cybermobbing und Cyberkriminalität. Hänggi verlangte mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung einen grundrechtlichen Schutz, damit die Bürgerinnen und Bürger auch im Cyberspace umfassend geschützt sind. Eine Mehrheit des Parlaments sah den Schutz aber heute schon gegeben durch den grundrechtlichen Schutz der psychischen Unversehrtheit und das Datenschutzgesetz. Auch wurde der Aufwand einer Verfassungsänderung als zu gross und unverhältnismässig beurteilt. Schliesslich wurde die Motion mit 51 zu 26 Stimmen bei einer Enthaltung als Postulat überwiesen und mit 41 zu 36 Stimmen bei einer Enthaltung abgeschrieben.
Ebenfalls überwiesen und als erfüllt abgeschrieben wurde ein Postulat von Hannes Hänggi, in dem er von der Regierung wissen wollte, ob für die Bekämpfung von Cyberkriminalität genügen Ressourcen zur Verfügung stehen. Denn jeden Tag werden 300’000 neue Schad-Softwares in die Welt gesetzt. Im Sekundentakt sind Rechner Angriffen ausgesetzt. «Spätestens der Cyberangriff auf die Psychiatrie Baselland Ende letzten Jahres dürfte jeder und jedem die Verletzlichkeit von Netzwerken und digitalen Daten vor Augen geführt haben», sagte Hänggi. In ihrer Stellungnahme schreibt die Regierung sogar von einem «Rüstungswettlauf». Sie zeigte aber auch auf, dass sich der Kanton des Problems bewusst ist und bereits viel unternimmt – mehr sogar als andere Kantone. Verschiedene neue Projekte sollen zudem im Aufgaben- und Finanzplan 2024-2027 berücksichtigt werden. Dies begrüsste auch der Postulant. Gleichzeitig gab er bekannt, dass die Geschäftsprüfungskommisson des Landrats eine Arbeitsgruppe zu Cybersecurity gegründet habe und die Thematik eng begleiten werde.
Folgende Vorstösse wurden von der Mitte-Landrätinnen und -Landräten eingereicht:
- Postulat Vielzahl von (Auto)einbrüchen: Was tut die Regierung dagegen? von Marc Scherrer
- Interpellation Unnötige Bauvorschriften behindern zeitgemässes Bauen von Marc Scherrer
Hier finden Sie alle Landratsbeschlüsse der Sitzung vom 8. Februar 2024